06.08.2023, 17:13
mannitheear schrieb:Original vom 10.07.2019
Hi Werner,
über diesen Beitrag habe ich mich ganz besonders gefreut, weil er zum einen viele Punkte genau auf den Punkt bringt aber auch deswegen weil er mir wieder zeigt, daß es zwischen uns bei aller Verschiedenheit immer wieder so eine Art fast telepathische Verbindung gibt.
In einem Punkt möchte ich aber gerne zumindest teilweise widersprechen und zwar "Das sind quasi die "Röhren" unter den Boxen - und da würden dich ähnliche Faktoren stören, wie an deiner Turnberry." Ich habe mich eine Weile mit diversen Breitbändern befasst und kann deine Begeisterung gut nachvollziehen. Der große Unterschied und Vorzug gegenüber z.B. Tannoy liegt darin, daß ein Fullranger keine Phasenschweinereien macht und dadurch eben sehr homogen und "aus einem Guss" spielen kann, zumindest prinzipiell.
Jetzt möchte ich Werners Post dazu nutzen, den derzeitigen Stand meiner Eindrücke von der Extremi ein wenig in Worte zu fassen.
Die Extremi klingt zunächst einmal extrem offen, daher ja auch deine zutreffende Bemerkung daß hier ein Supertweeter absurd wäre.
Damit verbunden ist ein Maß an Durchhörbarheit, das ich mir immer erträumt habe und das ich bisher erst ganz ganz selten gehört habe. Und zwar bezieht sich das auf das ganze Frequenzspektrum vom Tiefbass bis in die höchsten Höhen und ist unabhängig von der Lautstärke. Leise oder laut kann man tief in eine Aufnahme hineinhören und jedes Instrument, jede Stimme genau verfolgen - wenn man möchte. Das gelingt auch deswegen so gut, weil die klangfarbliche Palette der Extremi keine Grenzen zu kennen scheint. Ich habe z.B. bei großorchestraler Musik noch keinen Lautsprecher erlebt, der die Klangfarben der verschiedenen Streichergruppen, der diversen Holzbläser und Blechbläser so differenziert wiedergibt. Also Geigen klingen anders als Bratschen, eine Klarinette anders als eine Oboe, Trompeten anders als Posaunen etc. Das trifft aber genauso für alle anderen Musikarten und Instrumente zu. Schlagzeug, Gitarre, Klavier, einfach alle Arten von Naturinstrumenten werden natürlich und sehr spezifisch wiedergegeben. Damit ist aber die Bandbreite der Extremi noch lange nicht ausgeschöpft, denn auch Rock und E-Gitarre kommt authentisch - und mit anscheinend grenzenlosem Drive und Wucht, die Grenzen liegen nur bei einem selber bzw. der eigenen Hörsituation und nie beim Lautsprecher.
Die letzten Tage habe ich zig verschiedene Tracks der unterschiedlichsten Genres über die Extremi gehört und trotz der immensen Offenheit hat sie mich nicht ein einziges Mal angeschrien, gekreischt oder geplärrt. Auch konnte ich weder auch nur die geringste Spur von Sibillanz (gegen die ich sehr empfindlich bin) feststellen noch irgendwelche Resonanzen im Mittenbereich z.B. bei Klavier. Im Gegenteil, bei vielen Stellen wo ich mit bisherigen Lautsprechern immer das Gefühl hatte, an irgendwelche Grenzen zu stoßen, seien es jetzt Streichertutti, die dann schon mal ins Kreischige abdriften, eine sich zuspitzende Klavierpassage, Pauken oder ein Bass, die dann alles andere ein bisschen zusumpfen und ins Schwimmen bringen - keine Spur davon bei der Extremi. Es sei denn sowas ist schon auf der Aufnahmen mit drauf!
Ich habe bisher mit jedem Lautsprecher solche "Grenzerfahrungen" machen müssen, wo man dann schon fast automatisch an bestimmten Stellen etwas dem Kopf einzieht weil die Wiedergabe halt irgendwie unsauber wird. Mit der Extremi habe ich solche Stellen bisher vergeblich gesucht.
Auch eine dynamische aktuelle Aufnahme wie Nordub mit Nils-Petter Molvaer,, Sly & Robbie und elektronischen Anteilen kann die Extremi genauso abartig zwingend und markerschütternd bei völliger Lässigkeit wiedergeben wie ich das live in Erinnerung habe.
A propos: Live Aufnahmen, auch mittelprächtige, sind eine besondere Domäne der Extremi. Oft sind ja Live Aufnahmen aus zwei Anteilen zusammengesetzt, einem der direkt vom Mischpult abgegriffen wird und einem der über die PA lief um die Atmosphäre einzufangen. Und gerade z.B. eine Stimme die offenbar über PA lief, kann die Extremi so authentisch, unangestrengt und nonchalant in den Raum stellen, daß man meint live mit dabei zu sein.
Der einzige Anflug von Lästigkeit, den ich der Extremi bisher entlocken konnten sind Aufnahmen, die in den Höhen unnatürlich hochgezogen wurden. Abar auch da kreischt oder zerrt nichts, es ist dann einfach "too much".
Den Begriff Dynamik definiert die Extremi für mich gerade völlig neu, damit bin ich auch noch nicht ganz "durch". Bisher war ich gewohnt, ein bisschen "aufdrehen" zu müssen um alle Einzelheiten mitzubekommen, aber auch um die erwünschte Lebendigkeit zu erreichen. Das ist mit der Extremi nicht nötig, es klingt immer lebendig und man bekommt immer alles mit, auch bei geringerer Lautstärke. Im Prinzip wird es nur lauter, wenn man lauter aufdreht, nur die Größe der virtuellen Bühne wächst bis zu einem gewissen Grad mit. Die andere Seite ist aber auch, daß man gerade Klassik mit der gewohnten Lautstärke beginnt und dann in den fortissimo Passagen irgandwann merkt wie abartig laut das geworden ist, wo andere Lautsprecher längst komprimiert hätten.
Das Paradox besteht nun darin, daß ähnlich wie bei einem Live Symphoniekonzert, die dynamische Bandbreite zwischen ppp und fff immens groß ist, andererseits aber man aber völlig das Gefühl dafür verliert wie laut es wirklich ist, da nichts zerrt oder komprimiert usw.
Ja und da ist noch der Bass. Die Extremi hat wie man vermuten kann ausreichend Bass, mehr als die Turnberry und völlig anders. In meinem quadratischen Raum gibt es natürlich Raummoden, die nicht weguzudiskutieren sind. Mit passender Wahl des Lautsprecherstandorts und des Hörplatzes kann man ja schon viel erreichen und die Extremi macht hier auch nicht mehr Probleme als die Turnberry, eher gefühlt weniger auch wenn es natürlich hin und wieder Stellen gibt wo man merkt daß es jetzt ein bissschen zuviel ist. Die Extremi geht auch deutlich tiefer. Angegeben ist die untere Grenzfrequenz mit 33 Hz bei -6dB aber gefühlt geht sie bis unter 30 Hz, jedenfalls steigt sie sehr sanft nach unten aus. Bass ist aber nur da, wenn er auf der Aufnahme ist, die Extremi macht da nichts dazu, lässt aber auch nichts weg. Bassläufe werden viel gleichmässiger wiedergegeben als mit der Turnberry und natürlich druckvoller, sofern die Aufnahme es so vorsieht. Das Schöne am Bass (und ein weiteres Paradox!) der Extremi ist, daß er auch bei geringer Lautstärhe schon voll "da" ist aber bei hoher Lautstärke dennoch der Raum nicht "überladen" wird.
Erwähnenswert ich auch die Stimmwiedergabe der Extremi. Die meisten Lautsprecher dicken Stimmen ja auf, man merkt das deutlich bei gesprochenen Stimmen. Die am Anfang der Max Richter-CD "Blue Notebooks" von Tilda Swinton gelesenen Textpassagen habe ich noch nie zuvor so deutlich artikuliert und natürlich, geradezu entschlackt gehört. Aber auch bei Oper sind die Stimmen oft auch kompakter, natürlicher und weniger aufgeblasen aufgenommen als man das üblicherweise aus dem Pop und Rockbereich kennt, und genau so gibt die Extremi das wieder. Ist die Aufnahme einer Stimme aber voluminös und "groß", klingt es auch so.
Klavier, eines meiner Lieblingsinstrumente, mit dem sehr viele (und gerade auch große!) Lautsprecher Probleme haben klingt fantastisch. Homogen, klar, bruchlos und mit absolut sauberem Anschlag.
Tja das wär's erstmal für heute und nun könnte man meinen, ich wäre am Ziel des perfekten Klanges.
Das bin ich (noch) nicht, mein Ziel daß die Musik nicht wie eine Projektion erscheint, sondern daß die Energie tatsächlich von den Musikern auf der virtuellen Bühne zu kommen scheint, habe ich noch nicht ganz erreicht. Daß das überhaupt möglich ist, habe ich bisher auch nur ganz wenige Male erfahren.
Als nächstes steht nun die von Werner angesprochene Optimierung der energetisch Einbindung der Lautsprecher an den Raum an und ein neuer Verstärker ist auch geplant.
Ich habe mir ja lange einen Lautsprecher gewünscht der "alles" kann, von Streichquartett bis Rockkkonzert und habe diesen nun tatsächlich für mich gefunden, obwohl sehr erfahrene Leute eher bezweifelt haben daß es sowas überhaupt gibt.
Eins muß ich noch loswerden: Cay macht ja immer so einen lieben, netten Eindruck von jemandem der kein Wässerlein trüben kann. Aber täuscht euch nicht: für mich gehört er ab jetzt zu den "Hexenmeistern" der Zunft, die irgendwie "zaubern" können und ganz besondere Gerätes erschaffen, die sich bei allem Charakter ganz zurücknehmen und in den Dienst der Musik stellen! Danke dafür!
- ich meinte zu hören -