04.06.2025, 21:39
Hallo Freunde der kleinen Muskel-Käfer,
mein wahrscheinlich letztes Experiment mit den Oldtimern der klassischen Leistungs-IC's geht zu Ende.
Während die moderne Class D Welt den Bann der Aufmerksamkeit auf sich zieht, beschäftige ich mich lieber mit einem Dinosaurier der Class A/B Technik. Ein Philips-IC aus den 80ern, der dem Sound der guten alten D/A Wandler TDA1541 und TDA1543 ähnelt und von einigen DIYern klanglich über die noch heute produzierten Konkurrenten von Texas Instruments und STMicroelectronics angesiedelt wird.
Philips und Marantz arbeiteten damals zusammen und angeblich wurde dieser Chip ebenfalls mit Marantz zusammen entwickelt. Die älteste Erwähnung fand ich in der Elektor Ausgabe vom Juli 1987.
Der TDA1514 war das Flagschiff der Chip-Amps von Philips für Hifi-Anwendungen der neuen CD-Ära und wurde in den 90ern im Cambridge A1/A2 und im bis heute beliebten Linn Majik eingesetzt. Man sieht ihn aber auch in Car-Audio, Radio- und TV-Endstufen aus dieser Zeit.
Links ist ein neuer Originalchip und rechts ein "gezogener" aus dem von mir gekauften China-Amp:
![[Bild: TDA.jpg]](https://i.ibb.co/tpkQht0S/TDA.jpg)
Der Chip wird schon seit über 20 Jahren nicht mehr produziert und ist schwer zu bekommen. Originale und originalgetreue werden meist um die 20€ gehandelt. Die chinesischen Fälschungen rauchen entweder gleich ab, oder funktionieren überhaupt nicht. Ich hatte hier auch perfekt gemachte Fälschungen, wo nichts darauf hindeutete. Sie rauchten zwar nicht gleich ab, zogen sogar den erwarteten Strom, allerdings hatten beide über 800mV DC-Offset.
Das einzige Board mit originalen Chips, das ich auf Aliexpress noch finden konnte, ist dieses hier:
https://de.aliexpress.com/item/1005008353919912.html
Ein alter Entwurf von 2014 mit Röhrenbuffer vorweg. Davon orderte ich mir dann diesen Fertig-Amp:
https://de.aliexpress.com/item/1005008394588526.html
Die Implementierung der Chips ist in Ordnung, was bei diesem Board leider nicht auf den Buffer zutrifft. Den habe ich als allererstes restlos mit allen Komponenten entfernt. Wie bei den Sanken Chips im "Goldie" halte ich eine Anreicherung mit harmonischen Klirr auch bei diesem Chip für überflüssig, sogar kontraproduktiv. Beide lassen pur gehört keine Wünsche nach mehr Weichheit oder Wärme offen. Ausserdem leidet die Auflösung unter einem Buffer.
Die Leistung liegt bei etwa 50 Watt an 4 Ohm, etwas höher als beim Sanken SK18752. Beide Chips zeichnen sich durch einen sehr geringen Verbrauch von ca. 5 Watt aus bei kleinen Pegeln. Bei hohen Pegeln geht es schnell steil nach oben und ein gut dimensionierter Kühlkörper ist Pflicht.
Zum Klang:
Der Philips Chip erinnert wie oben schon erwähnt an die hauseigenen DA-Wandler. Es gibt keine Schärfen und Härten und gerade der Mittenbereich glänzt mit Charme und sauber verständlichen Stimmen, farbstark und obertonreich, wie man es so eigentlich nur von Schaltungen mit geringer Gegenkopplung kennt. Hat tatsächlich was vom alten Marantzsound, nur viel schneller und nicht so dunkel. Überhaupt spielt er erwartungsgemäß sehr "analog" auf und bleibt mit jeder Art von Musik und Qualität angenehm zu hören, was für mich als mp3-Hörer entscheidend ist.
Der Sanken klingt für mich "japanischer", wirkt definierter und sauberer im engeren Hifi-Sinn, aber ebenfalls nie angestrengt obenrum.
Im Bassbereich hat er die Nase leicht vorn mit mehr Druck, aber speziell für diesen Bereich sind die leistungsstärkeren TDA7293/7294 und der LM3886 ohnehin die bessere Wahl.
Der Philips ist für Hörer, welche die ideale Verbindung zwischen den generellen Vorteilen von Chip-Amps wie Geschwindigkeit, Auflösung, Kohärenz, gepaart mit entspannt locker natürlichen Klangfarben der Mitten und Höhen suchen. Er hat eine ordentliche Portion vom magischen Röhren-Charme und bis auf die Schnelligkeit kaum was von typischen Operationsverstärkern.
Unterm Strich spielen beide Chips auf eigene Weise auf gleich hohen Niveau und derzeit könnte ich keinem den Vorzug geben.
Was mir im Vergleich zu sehr guten diskret aufgebauten A/B Endstufen auffällt ist, daß die Bühne etwas kleiner erscheint. Die Chips können zwar sehr genau Instrumente voneinander differenzieren und das Timing ist tadellos über den gesamten Bereich, aber der Raum wirkt leicht eingeengt.
Im vollsymmetrischen Goldie fällt das allerdings kaum auf. Ein genereller Vorteil von BTL-Schaltungen, daß der Ausgang nicht ans Massepotenzial gekettet ist, was nach meiner Erfahrung nicht nur dynamischer sondern auch losgelöster vom LS klingt.
Im Linn Majik Verstärker stecken übrigens 4x TDA1514, jeweils zwei pro Kanal parallel geschaltet, damit er an impedanzkritischen Lasten nicht gleich ins Schwitzen gerät. Der Linn hat ausserdem eine DC-Offset Kompensation und eine stabilisierte Versorgungsspannung. Ein Amp im Midi-Format, mit dem nicht wenige Nutzer über 30 Jahre lang und manche bis heute zufrieden Musik hören. Da ich den Chip gerade höre, kann ich das bestens nachvollziehen.
Der Linn hatte Mitte der 90er bereits eine elektronische Lautstärkeregelung und ist voll fernbedienbar.
Man kann auch heute noch gelegentlich als Nicht-Bastler in den Genuß dieser einzigartigen Philips-IC's kommen wie z.B. hier:
https://www.ebay.de/itm/256909883789
TDA1514 und SK18752 sind inzwischen sehr alte exotische IC's und gehen klanglich in eine andere Richtung als Schaltverstärker. Auch hatte der noch heute erhältliche LM1875 von Texas Instruments, der im Antiton Arno steckt, pur ohne Röhrenbuffer gegen die verbesserte japanische Version von Sanken in der gleichen Schaltung keine Chance.
Das Dilemma ist die Beschaffung. Ausser über chinesische DIY-Boards kommt man kaum an Originale ran.
Viel zu sehen gibt es nicht...
![[Bild: Ausschnitt.jpg]](https://i.ibb.co/nvkvZgW/Ausschnitt.jpg)
![[Bild: 20250603-181654.jpg]](https://i.ibb.co/7xK4Mt96/20250603-181654.jpg)
![[Bild: 20250603-181931.jpg]](https://i.ibb.co/TqJ46xjd/20250603-181931.jpg)
Schöne Grüsse,
Rainer
mein wahrscheinlich letztes Experiment mit den Oldtimern der klassischen Leistungs-IC's geht zu Ende.
Während die moderne Class D Welt den Bann der Aufmerksamkeit auf sich zieht, beschäftige ich mich lieber mit einem Dinosaurier der Class A/B Technik. Ein Philips-IC aus den 80ern, der dem Sound der guten alten D/A Wandler TDA1541 und TDA1543 ähnelt und von einigen DIYern klanglich über die noch heute produzierten Konkurrenten von Texas Instruments und STMicroelectronics angesiedelt wird.
Philips und Marantz arbeiteten damals zusammen und angeblich wurde dieser Chip ebenfalls mit Marantz zusammen entwickelt. Die älteste Erwähnung fand ich in der Elektor Ausgabe vom Juli 1987.
Der TDA1514 war das Flagschiff der Chip-Amps von Philips für Hifi-Anwendungen der neuen CD-Ära und wurde in den 90ern im Cambridge A1/A2 und im bis heute beliebten Linn Majik eingesetzt. Man sieht ihn aber auch in Car-Audio, Radio- und TV-Endstufen aus dieser Zeit.
Links ist ein neuer Originalchip und rechts ein "gezogener" aus dem von mir gekauften China-Amp:
![[Bild: TDA.jpg]](https://i.ibb.co/tpkQht0S/TDA.jpg)
Der Chip wird schon seit über 20 Jahren nicht mehr produziert und ist schwer zu bekommen. Originale und originalgetreue werden meist um die 20€ gehandelt. Die chinesischen Fälschungen rauchen entweder gleich ab, oder funktionieren überhaupt nicht. Ich hatte hier auch perfekt gemachte Fälschungen, wo nichts darauf hindeutete. Sie rauchten zwar nicht gleich ab, zogen sogar den erwarteten Strom, allerdings hatten beide über 800mV DC-Offset.

Das einzige Board mit originalen Chips, das ich auf Aliexpress noch finden konnte, ist dieses hier:
https://de.aliexpress.com/item/1005008353919912.html
Ein alter Entwurf von 2014 mit Röhrenbuffer vorweg. Davon orderte ich mir dann diesen Fertig-Amp:
https://de.aliexpress.com/item/1005008394588526.html
Die Implementierung der Chips ist in Ordnung, was bei diesem Board leider nicht auf den Buffer zutrifft. Den habe ich als allererstes restlos mit allen Komponenten entfernt. Wie bei den Sanken Chips im "Goldie" halte ich eine Anreicherung mit harmonischen Klirr auch bei diesem Chip für überflüssig, sogar kontraproduktiv. Beide lassen pur gehört keine Wünsche nach mehr Weichheit oder Wärme offen. Ausserdem leidet die Auflösung unter einem Buffer.
Die Leistung liegt bei etwa 50 Watt an 4 Ohm, etwas höher als beim Sanken SK18752. Beide Chips zeichnen sich durch einen sehr geringen Verbrauch von ca. 5 Watt aus bei kleinen Pegeln. Bei hohen Pegeln geht es schnell steil nach oben und ein gut dimensionierter Kühlkörper ist Pflicht.
Zum Klang:
Der Philips Chip erinnert wie oben schon erwähnt an die hauseigenen DA-Wandler. Es gibt keine Schärfen und Härten und gerade der Mittenbereich glänzt mit Charme und sauber verständlichen Stimmen, farbstark und obertonreich, wie man es so eigentlich nur von Schaltungen mit geringer Gegenkopplung kennt. Hat tatsächlich was vom alten Marantzsound, nur viel schneller und nicht so dunkel. Überhaupt spielt er erwartungsgemäß sehr "analog" auf und bleibt mit jeder Art von Musik und Qualität angenehm zu hören, was für mich als mp3-Hörer entscheidend ist.
Der Sanken klingt für mich "japanischer", wirkt definierter und sauberer im engeren Hifi-Sinn, aber ebenfalls nie angestrengt obenrum.
Im Bassbereich hat er die Nase leicht vorn mit mehr Druck, aber speziell für diesen Bereich sind die leistungsstärkeren TDA7293/7294 und der LM3886 ohnehin die bessere Wahl.
Der Philips ist für Hörer, welche die ideale Verbindung zwischen den generellen Vorteilen von Chip-Amps wie Geschwindigkeit, Auflösung, Kohärenz, gepaart mit entspannt locker natürlichen Klangfarben der Mitten und Höhen suchen. Er hat eine ordentliche Portion vom magischen Röhren-Charme und bis auf die Schnelligkeit kaum was von typischen Operationsverstärkern.
Unterm Strich spielen beide Chips auf eigene Weise auf gleich hohen Niveau und derzeit könnte ich keinem den Vorzug geben.
Was mir im Vergleich zu sehr guten diskret aufgebauten A/B Endstufen auffällt ist, daß die Bühne etwas kleiner erscheint. Die Chips können zwar sehr genau Instrumente voneinander differenzieren und das Timing ist tadellos über den gesamten Bereich, aber der Raum wirkt leicht eingeengt.
Im vollsymmetrischen Goldie fällt das allerdings kaum auf. Ein genereller Vorteil von BTL-Schaltungen, daß der Ausgang nicht ans Massepotenzial gekettet ist, was nach meiner Erfahrung nicht nur dynamischer sondern auch losgelöster vom LS klingt.
Im Linn Majik Verstärker stecken übrigens 4x TDA1514, jeweils zwei pro Kanal parallel geschaltet, damit er an impedanzkritischen Lasten nicht gleich ins Schwitzen gerät. Der Linn hat ausserdem eine DC-Offset Kompensation und eine stabilisierte Versorgungsspannung. Ein Amp im Midi-Format, mit dem nicht wenige Nutzer über 30 Jahre lang und manche bis heute zufrieden Musik hören. Da ich den Chip gerade höre, kann ich das bestens nachvollziehen.
Der Linn hatte Mitte der 90er bereits eine elektronische Lautstärkeregelung und ist voll fernbedienbar.

https://www.ebay.de/itm/256909883789
TDA1514 und SK18752 sind inzwischen sehr alte exotische IC's und gehen klanglich in eine andere Richtung als Schaltverstärker. Auch hatte der noch heute erhältliche LM1875 von Texas Instruments, der im Antiton Arno steckt, pur ohne Röhrenbuffer gegen die verbesserte japanische Version von Sanken in der gleichen Schaltung keine Chance.
Das Dilemma ist die Beschaffung. Ausser über chinesische DIY-Boards kommt man kaum an Originale ran.

Viel zu sehen gibt es nicht...

![[Bild: Ausschnitt.jpg]](https://i.ibb.co/nvkvZgW/Ausschnitt.jpg)
![[Bild: 20250603-181654.jpg]](https://i.ibb.co/7xK4Mt96/20250603-181654.jpg)
![[Bild: 20250603-181931.jpg]](https://i.ibb.co/TqJ46xjd/20250603-181931.jpg)
Schöne Grüsse,
Rainer